die vier am eck – gedanken zu social media und sport #16

Nein, wir haben „die vier am eck“ letzten Mittwoch nicht vergessen. Wir streiken auch nicht, obwohl uns der Lock-Out der NBA und die Verhandlungen sehr beschäftigen. Wir hatten schlicht keine Zeit, um uns alle in time für unsere Statements zu koordinieren und diese dann auch hochzuladen. Ja, ich weiß. Klingt komisch, wenn man vier Leute und mehr im Team hat und man kriegt es trotzdem nicht gebacken. Aber jetzt sind wir ja wieder am Start und widmen uns der liebgewonnenen und wohlbekannten Diskussionsform. Denn die Idee hinter „die vier am eck“ ist relativ einfach: Jede Woche setzen sich vier von uns Verrückten zusammen und diskutieren eine These zu Social Media und Sport (und darüber hinaus).

These: Wie viel Fan tut dem Sportler gut?

Da unser guter Jonathan just im Urlaub unter Mexikos Palmen weilte, haben wir auch gleich noch eine Vertretung organisiert, die seinen Platz in der 16. Runde einnimmt. Es ist niemand Geringeres als David Philippe, der unter anderem hinter dem Projekt „Für mehr American Football im deutschen Fernsehen“ steckt und bereits über 3.100 Anhänger gefunden hat (hier geht’s zur Facebook-Page). Als Neuer in der Runde darf er die Session nunmehr auch gleich eröffnen.

David sagt: Sich für die Fans greifbar zu machen, bedeutet auch, angreifbar zu sein.

Wohl kaum ein Sportler, der erfolgreich ist, ist ohne seine Fans so weit gekommen. Fans sind eine wichtige „Währung“ für Sportler und die modernen Sportler haben erkannt, dass sie für ihre Fans etwas mehr bieten müssen, als einmal in der Woche auf dem Platz ihre Leistung zu bringen. Sie gewähren einen Einblick in ihr Leben, wie sie trainieren, was sie motiviert, immer wieder aufs Neue alles zu geben, wenn sie auf dem Platz stehen.

Ich gucke vor allem American Football, eine Sportart, die in Deutschland leider noch nicht so weit verbreitet ist. Aber in den USA ist es die Sportart. Wir alle wissen, dass die USA auch im Social Web viel weiter sind, als wir hier in Deutschland. So hat die NFL, die National Football League den Kurznachrichtendienst Twitter schon lange für sich erkannt. Aber nicht nur die Liga hat das Potenzial des Social Webs erkannt, auch die Spieler der NFL und manche College Footballer wie Tony Jefferson nutzen Twitter mittlerweile.

Die Nutzung unterscheidet sich sehr stark. Während manche, wie Chad Ochocinco oder Rob Gronkowski (beide von den New England Patriots) sehr aktiv twittern und auch mit den Leuten in den Dialog treten, nutzen andere, beispielsweise Ray Lewis, Twitter noch sehr einseitig. Ob die eine oder die andere Nutzungsweise die richtige ist, lässt sich allgmein nicht sagen. Jeder Spieler muss für sich entscheiden, wie viel sie von sich preisgeben möchten und wie viel Zeit sie in ihre Fans investieren können. Ein Ray Lewis muss vielleicht gar nicht so viel Dialog betreiben. Er ist ein situierter Sportler mit einer sehr großen Fanbase, die College Footballer und NFL-Rookies hingegen müssen sich ihre Fanbase noch aufbauen und daher ist es für sie eventuell sinnvoller, mehr Zeit zu investieren.

Doch egal wie viel Zeit man als Sportler in seine Fans investiert, auf dem Platz muss der Sportler seine Leistung noch selber abliefern, denn dort kann der Fan nicht helfen. Und wer zu viel von sich preis gibt, riskiert bei den Fans eine falsche Erwartungshaltung zu wecken. Sich für die Fans greifbar zu machen, bedeutet auch, angreifbar zu sein. Die richtige Balance zu finden ist eine Aufgabe, die jeder für sich selbst individuell lösen muss.

Georg sagt: Des Sportlers Gespür für Schmäh.

Social Media lässt den Fan eine bisher ungeahnte Nähe zu seinen Idolen, Lieblingsathleten und Vorbildern erleben. Scheinbar steht man den Cristiano Ronaldos, Lindsey Vonns und Wayne Rooneys dieser Welt nahe, wenn sie auf Twitter oder Facebook mal wieder Bilder aus ihrem Wohnzimmer posten oder kurz mal vor einem Bewerb ein paar flotte Sprüche auf Facebook klopfen.

Doch wer unseren Blog aufmerksam verfolgt und sich mit Social Media auseinandersetzt, weiß bereits, dass Social Media keine Einbahnstraße ist. Von den Fans kommt natürlich auch dementsprechend Involvement zurück und damit muss man umgehen können.

Chad Ochocinco, der von David bereits erwähnte NFL-Pro, antwortet auf immens viele Tweets binnen Minuten und scheint sich hauptberuflich mit seinem Twitter-Account auseinanderzusetzen. Wann der noch zum Footballspielen kommt, ist mir ein Rätsel. Gar nicht auf Kommentare zu reagieren, kann aber ebenfalls gefährlich werden, weil das Engagement auf Social Networks dann bald mal als pure Marketingstrategie ohne Emotion entlarvt wird.

Das richtige Gespür für den Schmäh auf Social Networks, wie wir Wiener sagen, ist nicht leicht zu finden. Authentisch zu bleiben, sich nicht zu sehr abzugrenzen und dennoch genug preiszugeben, um interessant zu bleiben, ist ein schwieriges Spiel. Wer das aber drauf hat, wird auf Social Media zum Rockstar. Wurscht ob derjenige dann Cristiano Ronaldo oder Paul Scharner heißt.

Hauke sagt: Die Kernleistung des Sportlers ist der Sport. Dem Sportler tut so viel Fan gut, wie er selbst bereit ist, neben seiner Hauptbeschäftigung Zeit in die Kommunikation im Social Web zu investieren.

Ein schönes Beispiel der letzten Tage ist für mich Dirk Nowitzki, der zuletzt am 11. November via Twitter ganz sporadisch den Dialog mit seinen Followern suchte und eine Reihe von Fragen beantwortete. Selbstverständlich kann er nicht nicht jede Frage seiner Fans beantworten. Das muss er allerdings auch nicht. Dirk hat sicherlich auch nicht die Zeit dafür, einen halben Tag lang auf Twitter Antworten zu tippen. Aber es ist auch völlig in Ordnung so. Die kurzen Statements geben doch auch uns „passiven Zuschauern“ dieser Mini-Dialoge einen Einblick in das Leben des Superstars. Und das ist eine der Tatsachen, die ich am Social Web so sehr schätze.

Es geht nicht darum, aus den Sportlern Kommunikationsprofis zu machen, die allesamt täglich bei Facebook, Twitter & Co. mit ihren Fanscharen plaudern. Stars, die bereits von ihrer Persönlichkeit zurückhaltend und wortkarg sind oder einfach kein Interesse an den neuen Möglichkeiten haben, sollten niemals zwanghaft dem Online-Dialog mit Fans ausgesetzt werden. Es gibt hingegen definitiv eine ganze Reihe an Sportlern, die vom Typ her für den Dialog mit den Fans perfekt geeignet sind. Es gibt Sportler, die in den digitalen Medien zu Hause sind oder die Offenheit mitbringen, um sich neben dem eigentlichen Beruf entsprechende Skills anzueignen.

Perfekte Voraussetzungen sind das Interesse für Technik und digitale Medien, ein Feeling für Bedürfnisse der Fans in den digitalen Medien sowie insbesondere ein Feeling für den Umgang mit Fans in (sportlichen) Krisensituationen. Es liegt am Management eines Sportlers bzw. der Kommunikationsabteilung eines Vereins, die entsprechenden Sportler zu identifizieren und sie gezielt für Kommunikationsmaßnahmen im Social Web vorzubereiten, zu begeistern und zu unterstützen.

Daniel sagt: Die Frage lautet doch viel eher „Wie viel halten die Sportler im Social Web aus?“

„Denkt doch mal an die Fans …“ rief Thomas D. einst im Video „Troy“ der Fantastischen Vier, als sie sich gerade in den Haaren lagen, ehe sie sich zusammenrauften. An die Fans denken die Sportler, so denke ich, recht häufig. Zumindest, wenn sie im Stadion stehen, auf dem Trainingsplatz, Autogramme schreiben oder sich mit ihren Anhängern fotografieren lassen. Doch auch im Social Web werden sie nicht vergessen, wie die oben beschrieben Beispiele zeigen.

Allerdings sind nicht immer alle Fans dem Athleten im Web auch wohlgesonnen. Das hatte jüngst auch Brian Robinson nach einem dummen Foul via Twitter zu spüren bekommen, als ihm die Fans der Packers online die Hölle heiß machten. Robinson suchte den Dialog und entschuldigte sich bei den aufgebrachten Fans. Das dürfte ihn einige Stunden gekostet, aber auch viele Sympathien (wieder-)gebracht haben. Manchester Uniteds Darren Gibson hatte da im April weniger Glück. Keine zwei Stunden, nachdem er sich bei Twitter angemeldet hatte, überschütteten ihn die eigenen „Fans“ dermaßen mit Hass, Ablehnung und mehr, dass er seinen Account wieder schloss. Ob es nun wirklich die massiven Beleidigungen waren, die Gibson dazu bewegten seinen Account wieder zu schließen, ist für die Diskussion irrelevant. Es zeigt aber, dass man wissen sollte, worauf man sich einlässt. Nur wenige Sportler wie etwa Dirk Nowitzki genießen selbst bei den Fans ihrer Gegner so viel Anerkennung und Zuneigung, dass sie sich nicht sonderlich über unangemessene Kritik (im Social Web) sorgen müssen.

Denn, und das sollte man nicht unerwähnt lassen, die meisten Profis haben eine gesunde Einstellung zu dem entwickelt, was der Blätterwald Tag für Tag auf tote Bäume drucken lässt. „Ich lese nicht, was in den Zeitungen über mich geschrieben wird“ ist ein Satz, den man recht häufig zu hören bekommt. Das Social Web hingegen lässt sich nicht so leicht abstellen, wie sich eine Zeitung wegstecken lässt, was auch Aussagen wie die von Arne Friedrich belegen, den es wundert bis stört, dass sein Name in der Suche bei Google sehr schnell in Kombination mit dem Begriff „schwul“ auftaucht. Hätte er es ebenso einfach ausblenden können, wenn es „nur einmal in einer Zeitung stünde“? Vielleicht. Das Web hingegen ist so gut wie allgegenwärtig und hält auch unangenehme Informationen, Meinungen und Ansichten verdammt lange im Bewusstsein all seiner Nutzer. Was im Web passiert, das hat auch auf das Offline-Leben Auswirkungen. Wie gesagt: Die Sportler müssen wissen, worauf sie sich einlassen.

4 Kommentare zu “die vier am eck – gedanken zu social media und sport #16

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